Am nächsten Morgen war Annegret um sieben Uhr wieder zur Stelle. Gut gelaunt bewunderte sie meine neue Unterwäsche und brachte Mama das Frühstück ans Bett, bevor sie mich und meinen kleinen Bruder auf den Schulweg schickte und dann meine kleine Schwester in den Kindergarten begleitete. Selbst ein Waschtag kann sie nicht aus der Ruhe bringen. An solchen Tagen nimmt Papa ihr aber gerne das Einkaufen ab. Meistens gibt es dann Schnitzel, was mitten in der Woche durchaus schon etwas Besonderes ist. Für Mama macht Annegret an ihren Migränetagen immer ein Haferschleimsüppchen.
Die Schule macht wieder einmal Stress. Ich finde, dass es eine ganz große Frechheit ist, dass man mir unterstellt, in die Schulbank geschnitzt zu haben. Ich war es ganz bestimmt nicht und die Klassenlehrerin behauptet, dass ich es mit dem Zirkel gemacht hätte, denn die Spuren wären unübersehbar und noch ganz frisch. Es ist ungerecht und ich wehrte mich natürlich. Papa musste kommen, um den Schultisch in Augenschein zu nehmen. Sein Fazit gab mir Rückendeckung, denn er kam zu dem Resümee, dass bei diesem alten Ding schon jede Menge vorher eingeritzt wurde und dass man hier nicht aus einer Mücke einen Elefanten machen soll. Das neue Herzchen mit dem Jungennamen traute er mir nicht zu, er meint, dazu wäre ich noch zu klein. Er verweigert die Bezahlung eines neuen Schultisches und auch zu einer Spende in die Schulkasse wollte er sich nicht erpressen lassen. Ich glaube, die Schule würde mir gerne kündigen.
In meiner Klasse sitzen neben mir die Töchter von Ärzten, Rechtsanwälten, Akademikern und Selbstständigen. Die Mütter der anderen Mädchen rennen ständig zu den Lehrern, nur meine Mutter nimmt sich für so etwas keine Zeit. Selbst zu den Elternabenden geht mein Vater allein. Er ist dann fast immer der einzige Mann unter all den Frauen und die empfinden das in einer Mädchenschule schon fast als ungehörig. Mama ist an nichts interessiert und wenn Papa nicht wäre, könnte ich auch genau so gut ein Waisenkind sein.
Zu den Bundesjugendspielen führten wir einen Volkstanz auf. Wir sollten einheitlich in einem kornblumenblauen Röckchen mit einem weißen Oberteil auftreten. Der Schnitt des Rockes war vorgegeben und der Stoff wurde von der Schule gekauft. Nähen sollten ihn dann die Mütter. Gott sei Dank konnte ich auch hier auf Annegret bauen, denn Mama hätte sicher wieder ihren spitzen Mund gemacht. Der Rock wurde genauso, wie der von den anderen Mädchen und ich habe so getan, als ob Mama ihn genäht hat. …
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