… Wie ein Schwerverbrecher, der sich vor einer ungeliebten Begnadigungskommission zu verantworten hat.
Die Wunde war letztendlich gut verheilt, die anschließende unvermeidliche Infektion hatte er dank seiner guten Konstitution und mit meiner Hilfe rasch überwunden; irgendwann war er verschwunden. Was mir wiederum sehr entgegen kam, denn seine wilde Präsenz sorgte stets für Unruhe unter der Tierpopulation in dieser Gegend der Masai Mara.
Nach wie vor schwebt dieses unheilvolle Damoklesschwert in Form eines Elefantenfußes regungslos über meinem mittlerweile schweißgebadeten Gesicht, senkt sich jetzt beängstigend bis auf meine Nasenspitze herab und preßt sie wenige Millimeter zusammen. Aber sofort hebt es sich wieder ein wenig, reflexartig; der graue Riese hat mit seiner sensiblen Fußsohle diese sanfte Berührung gespürt!
„Also“, dringt meine Stimme ein wenig gequält unter dem Fuß hervor, „was ist jetzt? Wollen wir hier zusammen Weihnachten feiern? Ich hätte da nämlich heute unter Umständen noch einiges zu tun …“
Ganz nebenbei haben wir Juni. Aber erstens interessiert ihn das überhaupt nicht, und zweitens wäre es nicht das erstemal, daß ich Weihnachten aus Zeitgründen verschieben müßte. Halbrüssel rührt sich nicht. Wie ein Standbild aus Gips steht er da, unbeweglich und starr, den rechten Fußballen über meiner Nase, die runderneuerte Rüsselöffnung an meinem linken Ohr.
Für mich geht es hier ums nackte Überleben, ich muß mich aus dieser mißlichen Lage befreien. Jetzt. Sofort! Hätte ich geahnt, daß er mich nicht mehr erkennt, ich wäre bei seinem Herannahen sofort aufgestanden und hätte mich hinter den Baum gestellt, vor dem ich lag - und noch immer liege. Aber wer kann denn so etwas ahnen? Ganz unauffällig hat er sich genähert, den rechten Fuß vielleicht etwas geschont, aber dabei keinerlei Aggression gezeigt. Und jetzt dieses hier! Was will er? Warum tritt er nicht zu?
Vorsichtig schiebe ich meinen Kopf ein wenig zur Seite. Der Rüssel ist gut verheilt, wie ich aus meiner tiefliegenden Position erkennen kann. Vorbei an seinem mächtigen Kniegelenk schiele ich hinauf zu dem leicht geöffneten Maul, das mir einen jener ziegelsteingroßen oberen Backenzähne präsentiert. Er kaut auf irgendetwas herum. Der Rüssel sieht wirklich gut aus, ist glatt vernarbt und voll beweglich. Selbst die beiden fingerähnlichen Fortsätze, die ich ihm am Ende seines neuen Greiforgans geformt habe, erfüllen anscheinend ihren Zweck hervorragend. …
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