…
„Er ist raus“, sage ich ruhig, zeige ihm den Dorn, drücke die Stelle mit meinen Fingern und spritze ein wenig Desinfektionsflüssigkeit auf die winzige Wunde. Halbrüssel senkt sein Bein vorsichtig, tritt versuchsweise leicht auf und schließlich fest; der stechende Schmerz ist verschwunden. Ein dumpfes Grollen entweicht seinem riesigen Maul, mit dem verkürzten Rüssel tippt er mich sanft an den Oberarm, das ist seine Art sich zu bedanken, und schon trottet er davon. Mit der Fußspitze kicke ich den 10 Zentimeter langen Dorn in die Büsche.
Auf dem Weg zu meinem Wohnmobil frage ich mich, wie er mich gefunden hat, woher er wissen konnte, daß ich mich in dieser Gegend aufhalte. Möglicherweise hat er den Wagen gesehen, oder gerochen. Bei all meinem Erfolg darf ich nicht übersehen, daß Halbrüssel ein wildes Tier ist, ein mächtiger Elefantenbulle von 45 Jahren, ausgestattet mit einer unbändigen Kraft. Mit seiner imposanten Körperhöhe ist er der absolute Herrscher der afrikanischen Savanne.
Der Mehrzahl der Zoobesucher, die sich vor den Elefantengehegen zusammendrängen, ist gar nicht bewußt, wie gewaltig diese Tiere in Wahrheit werden können. Zudem sieht man in Tiergärten fast ausnahmslos die wesentlich kleineren und friedlichen indischen. Und in den meisten Fällen handelt es sich dabei auch noch um Elefantenkühe. Keine 2,50 Meter hoch.
Der afrikanische Elefant besitzt ein gänzlich anderes Naturell. Riesenhaft ist er, wild ist er, unbändig und schwer zu zähmen. Wenn es Halbrüssel in den Sinn kommt, fällt er mal eben einen Baum, doppelt so hoch wie er selbst, um sich die zarten Blätter der Krone einzuverleiben. Zu vertreiben ist er überhaupt nicht, außer durch Gewehrschüsse. Wer aber kein Gewehr zur Hand hat, der sollte sich besser in Sicherheit bringen. Aber wohin? Einmal mußte ich beobachten, wie Halbrüssel durch ein Eingeborenendorf einfach hindurch marschiert ist. Eine Hütte am Ende des Dorfes muß sein besonderes Mißfallen erregt haben, denn er hat sie ohne Vorwarnung überlaufen, einfach niedergewalzt.
Selbstverständlich ist mir bestens bekannt, daß Elefanten über einen außergewöhnlichen Geruchssinn verfügen, daß sie Wasser oder Kühe über zehn Kilometer weit wittern können. Das habe ich während meines Zoologiestudiums erfahren. Aber was ich hier soeben erlebt habe, überrascht selbst mich. Nun, vielleicht riecht mein Fahrzeug noch weit penetranter als ein Mensch, ich habe keine Ahnung. …
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