Wie unter Zwang blätterte ich zurück. Diese Negativanzeige, da war doch irgendetwas. Beim Umblättern überflog ich flüchtig die Geschäftsempfehlungen. Auch hier wieder eine große Anzeige, Negativdruck und wie nebelverschwommen mittig ein großes altes Haus, umgeben von großen Bäumen. Geschäftseröffnung stand dort in überdimensionalen Lettern. Kunstgewerbe und schöne Dinge im ‚Haus der Geschenke’, Eröffnung am Dienstag mit Sekt und… . Die Anschrift kannte ich, bevor ich sie richtig gelesen hatte. Es war das Haus im Wald Nr. 3. Und so wusste ich auch, welche Namen in der KutschenAnzeige stehen würden: Joachim und Vera Klaus. Dazu die Überschrift: ´Wir haben uns nicht verlobt, wir haben geheiratet`.
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Am Mittwoch war die Hochzeit. Sie haben in dem kleinen Dörfchen an der Nordsee geheiratet. Der Rest der Zeitung war für heute uninteressant. Ich freute mich für die beiden.
Die Beilagen der Wochenendausgabe sind immer umfangreich. Lesestoff für zwei Tage, darunter eine Sonderbeilage für den verkaufsoffenen Sonntag in dem kleinen Städtchen im angrenzenden Landkreis. Weil die Zeiten eindeutig schlechter geworden sind, interessierte ich mich dafür, ob es die Läden, in denen ich früher so gern eingekauft hatte, heute noch gab.
Die meisten Geschäfte fand ich dann tatsächlich in der Beilage wieder, und das Durchblättern rief Erinnerungen in mir wach. Auf der letzten Seite blieb mein Blick wieder an einer auffälligen Anzeige nach gleichem Muster haften: Negativdruck – in hellgrau ein Fachwerkhaus wie es am Marktplatz stehen könnte, mit Schaufenstern wie im Nebel verschwommen. Ich glaubte, auch hier den Text zu kennen, bevor ich weiter las: “Olgas Modestübchen Second Hand bekannter Designer, wie neu und selten getragen. Eröffnung Sonntag mit Sekt und Orangensaft”. Das Geschäft war tatsächlich in dem schönen, alten Haus am Marktplatz.
Es war so viel passiert und meine Gedanken schweiften in die Vergangenheit.
Es war an einem Tag im August. Mir war, als ob es erst gestern gewesen sei. Vera stieg nach ihrer Irrfahrt aus dem Auto, und die Rosen blühten genau so prächtig wie heute. Wenige Tage später kam sie damals zu mir, um ihren ersten Partnervorschlag abzuholen. Es war Joachim.
Ich las die Anzeige noch einmal. Sollte es wirklich so sein, dass der Tag der Hochzeit der gleiche Tag war, nur ein Jahr später? Erinnerungen sind oft unzuverlässig, ich wollte es ganz genau wissen. Nur wenige Schritte bis in mein Büro und dann wusste ich es: Veras erster Partnervorschlag und der Tag der Eheschließung, das gleiche Datum, genau ein Jahr trennte diese beiden Ereignisse. …
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