... schlecht ergangen. Merit hatte ihr gezeigt, wie man Tee servierte, wie man sich respektvoll vor Gästen des Schaichs verneigte und wie man tanzte. Der Tanz war in diesem Haus sehr wichtig und wurde sehr oft zur Unterhaltung der Gäste gepflegt. Es kam Lena zugute, daß sie auch zuhause sehr gerne getanzt hatte und bald beherrschte sie die fließenden Bewegungen, die Merit ihr beibrachte, fast so gut wie diese. Merit hatte ihr auch den wundervollen Innenhof gezeigt. Er war riesengroß, von künstlichen Bächen durchzogen und überall wuchsen exotische Blumen, Palmen und Bäume mit Früchten aller möglicher Art. Es standen verspielte kleine Bänke im Schatten und wo die Bäche sich zu kleinen Teichen stauten, wurden diese von zierlichen Brücken überspannt und von Papyrusschilf umwachsen. Bis jetzt durfte sich Lena nur in Begleitung von Merit frei im Haus bewegen, aber sie nahm sich vor, daß – sobald sie auch alleine herumstreifen durfte – dieser Park ihr Lieblingsaufenthaltsort werden würde. In der freien Zeit, die sie in Lenas Zimmer verbrachten, ließ sich Lena von Merit die Grundbegriffe der arabischen Sprache beibringen. Denn, auch wenn es ihr momentan nicht schlecht ging, wer wußte, was sie hier noch alles erwarten würde. Sie hatte auf jeden Fall ihre Freiheit eingebüßt, durfte den Gedanken an ein Flucht keinen Augenblick fallen - und keine Möglichkeit, die sich ihr bot, ungenutzt verstreichen lassen.
Die 1. Rettung
Lena saß an ihrem Fenster, welches eine Aussicht auf die gekieste Auffahrt bot und bestaunte die noblen Limousinen, welche nach und nach vor dem Portal eintrafen. Der Schaich schien eine Gesellschaft zu geben, wobei vorwiegend Männer in den traditionellen langen Gewändern und mit turbangekrönten Köpfen erschienen. Die meisten davon wurden von eigenen Dienern begleitet. Plötzlich flog die Tür zu Lenas Zimmer auf und Merit stürzte aufgeregt herein. Sie ließ einen Schwall arabischer Worte auf Lena los und begleitete diese mit hektischen Gesten. Lenas Arabischkenntnisse waren bei weitem noch nicht so weit fortgeschritten, als daß sie diese Tirade verstanden hätte, deswegen nahm sie Merit bei der Hand und sprach beruhigend auf sie ein. Endlich hatte Merits Aufregung sich einigermaßen gelegt und Lena konnte sich nach dem Grund ihres Gefühlsausbruches erkundigen. Merit holte tief Luft und stieß dann auf englisch hervor: „Der Herr will, daß du heute abend tanzt!“ Lena schwieg verblüfft. Sie hatte sich denken können, daß Merit ihr ...
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