… nicht mehr, woher Retenu oder sein Diener ihre sämtlichen Konfektionsgrößen gewußt haben mochten. Mit einem leisen Lächeln kam ihr Merits verschmitztes Gesicht in den Sinn und Lena fragte sich nun auch sehr verspätet, ob sie und Retenu sich sohl dieses Zimmer teilen würden. Die Frage, ob sie etwas dagegen haben würde, verdrängte sie in den hintersten Winkel ihres Denkens. Der Abend verlief sehr harmonisch und neigte sich für Lenas Begriffe viel zu schnell dem Ende zu. Nach einem wunderbaren Essen dessen Vielseitigkeit Lena verwirrt hatte, führte Retenu, in einen weißen Leinenanzug gekleidet, sie aus dem mit Kerzen beleuchteten riesigen Eßsaal. Sie durchquerten wieder die prächtige Eingangshalle und traten ins Freie. Lena fragte nichts, folgte ihm einfach schweigend und vertrauensvoll... Der Wagen wartete schon und bald, nachdem sie das Stadtgebiet verlassen hatten, fuhren sie durch eine samtene Nacht, die von einem riesigen, silbernen Mond und unzähligen Sternen beleuchtet wurde. Hier blinkten nur noch vereinzelte Lichter von kleineren Behausungen in der Nacht. Die Limousine stoppte und Retenu führte Lena über mehrere breite Stufen zum silberglänzenden Nil hinab. Dort wartete schon eine Feluke und Retenu half ihr das auf den Wellen schwankende Boot zu betreten. Lena hatte noch kein Wort herausgebracht, so hingerissen war sie von der ganzen Szenerie. Der Bootsführer segelte sie schweigend durch das von Silber durchsetzte Dunkel. Auf der anderen Seite des Flusses glitt die Totenstadt vorüber. Lena schwieg weiterhin, es wäre ihr wie eine Entweihung dieser wunderbaren Nacht erschienen, hätte sie in diesem Moment auch nur ein Wort gesagt. Es war alles, wie ein schöner Traum. Als sie das Ufer erreichten, wurden sie von einem Mann erwartet, der drei Pferde am Zügel führte. Lena konnte nicht viel von ihm erkennen, wozu nicht nur die Dunkelheit beitrug, sondern auch seine orientalische Gewandung. Retenu half ihr in den Sattel und kurz sah sie in der Nacht amüsiert seine weißen Zähne aufblitzen, denn es war gar nicht so einfach für sie, das lange Kleid so zurechtzurücken, daß sie – ohne schamlos ihre Beine zu enthüllen – im Sattel Platz nehmen konnte. Willenlos und immer noch wie in einem Traum befangen, ließ Lena ihr Pferd den beiden anderen folgen. Die Sanddünen und Felswände waren vom bleichen Licht des Mondes übergossen und nur selten sah man einige flache, eckige Gebäude, die sich an größere Felsen …
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