… Bald brannte unbarmherzig die Sonne auf die Gruppe von Menschen und Tieren nieder und Tutu schlang Nefer ein weißes Leinentuch um den Kopf. Er tat es nicht aus Mitleid, sondern aus Selbstsucht. Eine durch die Hitze krank gewordene sonnenverbrannte Sklavin würde ihm wenig Freude bereiten. Gegen Abend, als Nefer vor Erschöpfung von ihrem Reittier gefallen wäre, wäre sie nicht festgebunden gewesen, erreichten sie eine Oase. Nefer öffnete mühsam ihre mit Sand verklebten Augen und erblickte ein Traumgebilde. Mitten im trockenen heißen Wüstensand erhoben sich Dattelbäume, Tamarisken und Palmen. Ein wunderschöner türkisfarbener kleiner See war von Papyrus und weichem Gras umwachsen. Ein paar Ruinen standen nahe dem Ufer und als Nefer näher hinsah erkannte sie, daß es sich um einen verfallenen kleinen Hathortempel handelte. Die Karawane versammelte sich im Schatten der Palmen und sie wurde von Tutu losgebunden und vom Kamel gehoben. Die Nomaden luden ihre Zelte und Decken sowie das Kochgeschirr von den Tieren und begannen, nachdem sie alles aufgestellt und verteilt hatten, ein Feuer zu entfachen. Tutu ließ Nefer einfach ungefesselt stehen. Hier unter aller Augenkönnte sie sowieso keinerlei Fluchtmöglichkeit nutzen. Er ging hinüber zu den Tempelruinen und ging bedächtig mit dem Kopf nickend um sie herum. Nefer fragte sich, was er wohl vorhabe, konnte sich aber keinen Reim auf sein Verhalten machen. Wenig später kehrte Tutu zu den Kamelen zurück und Nefer beobachtete mit wachsendem Unbehagen, was für Aktivitäten er entwickelte. Er trug seine Decken und Fackeln zur Ruine und begann sich darin häuslich einzurichten. Nefers Verdacht wurde zur Gewißheit, als er grinsend zu ihr herüber schlenderte und ihr zuflüsterte: „Heute Nacht werden wir viel Spaß haben, meine Schöne. Wenn wir uns in diesen Ruinen aufhalten, werden die Nomaden kaum etwas mitbekommen und sie werden mich auch nicht überraschend angreifen oder überwältigen können. Der alte Tempel hat zwar kein Dach, aber die Wände sind intakt. Außerdem werden ich ihnen von meinen Vorräten einige Schläuche mit Wein abgeben, dann werden sie feiern und bald in trunkene Träume sinken.“ Vielsagend blinzelte er ihr noch zu, dann wandte er sich dem inzwischen brennenden Lagerfeuer zu, um sich seinen Anteil an einer erlegten Antilope zu holen, die über den Flammen briet. Bald kehrte er zurück und hielt Nefer ein Stück Fleisch vor die Nase. Provozierend ließ er es hin und her baumeln. …

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