Theben
Die Zeit auf dem Schiff schien nicht vorübergehen zu wollen, doch eines Tages brach jubelnde Unruhe an Bord aus. Das Glück der Soldaten über die bevorstehende Heimkehr war so groß, dass sie die Kinder an ihrer Freude teilhaben lassen wollten. Zwei Soldaten holten sie an Deck und deuteten mit stolzgeschwellter Brust auf eine vor ihnen auftauchende größere Ansiedlung. Die Männer sprachen munter auf die Kinder ein und obwohl Nefer die Sprache nicht verstand, war ihr doch klar, daß die Kämpfer ein Loblied auf diesen Ort sangen. Immer wieder wiederholten sie das Wort „Theben“ und Nefer wurde klar, daß dies der Name der Ortschaft sein mußte. Zuerst tauchten nur die üblichen kleineren, flachen Bauten am Ufer auf; dann wurden die Augen der Kinder immer größer. So etwas hatten sie noch nie gesehen und nicht einmal in den kühnsten Geschichten ihrer Großmütter- und Väter davon gehört. Inmitten des den Nil umgebenden Grüns lagen Tempel, Paläste, Villen, bunt bemalte Säulen, bis in den Himmel reichende Steinspitzen deren Enden, mit Elektron überzogen, wie helles Gold im Licht der aufgehenden Sonne glänzten, das alles umgeben von endlosen gewaltigen Stadtmauern unterbrochen von unzähligen mächtigen Toren. Später sollte Nefer erfahren, das man die spitzen Säulen Obelisken und die Tore Pylonen nannte. Der Himmel und der Fluß wurden von den frühen Strahlen des Re in ein Spektrum von Farben getaucht, von Gold bis zum tiefsten Violett. Es war einfach überwältigend. Nefer konnte sich von dem Anblick nicht losreißen, doch bald wurden die Kinder nach unten gebracht und so sorgfältig wie möglich gewaschen und gekämmt. Man zog ihnen neue, fremdartige Gewänder an und Nefer wurde klar, dass man sie für den Verkauf herrichtete. Als sie wieder an Deck getrieben wurden, hatte man bereits eine Planke zu einem Anlegesteg ausgefahren, über welche die Kinder jetzt gehen mußten. Mehr neugierig als ängstlich sah sich Nefer immer wieder um. Sie befanden sich irgendwo inmitten der riesigen Ansiedlungdie, wie Nefer nun klar war, die Stadt „Theben“ war. Vom Anlegesteg kamen sie über breite Steinstufen und durch ein großes bunt bemaltes Pylonentor auf eine breitere, das Ufer des Nils und den Hafen säumende Straße, dann in ein Gewirr von kleineren und größeren Gässchen. Dicht an dicht standen ein- bis zweistöckige Häuser von deren flachen Dächern neugierig Frauen und Männer Blicke auf die kleine Prozession von Soldaten und Kindern warfen. …
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