… Er hob seinen Fuß, um die Kleine damit zu schubsen, damit sie auf die Knie fallen sollte. Er hatte allerdings übersehen, daß er nicht sein stabiles Kampfschuhwerk trug, sondern die nur zu Vorführzwecken geeigneten goldenen Sandalen. So kam es, daß das kleine braune Mädchen unverhofft die Möglichkeit bekam, sich seinen ihr zu nahe gekommenen Fuß zu schnappen. In trotziger Verzweiflung, sich von lauter Feinden umgeben fühlend, umklammerte sie ihn mit ihren kleinen Händen und, unter dem unterdrückten Gekicher des neugierig nähergekommenen Volkes, biß sie den General Haremhab deftig und anhaltend in den großen Zeh. Er versuchte unter Fußschütteln und Fluchen das schmerzhafte Anhängsel loszuwerden, doch es hing an seiner Sandale wie angewachsen. Ehe der wütende Krieger, welcher tapfer versuchte nicht zu stöhnen, und die wehrhafte Gefangene sich weitere Gefechte liefern konnten, ertönte ein scharfer – doch von einem kaum unterdrückten Grinsen begleiteter Befehl des Pharao: „Schluß jetzt! Eine der Tempeltänzerinnen soll sich der Kleinen annehmen und sie zu der Königsgemahlin Nofretete bringen. Diese soll dann entscheiden, was mit ihr zu geschehen hat.“ Er versuchte ein strenges Gesicht zu machen, während eine der Frauen das sich arg wehrende Mädchen mit einigen Schwierigkeiten von Haremhabs Fuß löste und sich mit einer Leibgarde von zwei seiner Krieger entfernte, beobachtet vom immer noch kichernden Volk und einem nun äußerst ungehaltenen Haremhab. Dann fuhr er fort: „Ich, Amenophis, Pharao von Ägypten, verkünde nun die Urteile für die mir Zuwiderhandelnden. Eigentlich hätten die, welche meinen Befehlen nicht gehorchten, den Tod verdient, dochich will Gnade vor Recht ergehen lassen. Aton ist ein gnädiger Gott, deswegen sollen die Soldaten nicht getötet werden, sondern nur aus dem königlichen Dienst entlassen und ich will sie nicht mehr innerhalb der Stadtmauern von Theben sehen. Der Priester, der im Namen eines der Götter, die ich wie allgemein bekannt ablehne, diese Freveltaten gutgeheißen hat, soll im Haus des Todes den Balsamierern zur Hand gehen, die sich um die Toten kümmern. So wird er ab und an die Reste der Leichen derer zu Gesicht bekommen, die seinem Gott Sobek begegnet sind. Möge deren Bah (Seele) ihn des nachts heimsuchen. Die übriggebliebenen Gefangenen sollen frei sein, außerdem will ich wissen, wer für die Verurteilung dieser Leute verantwortlich ist.“ Durch eine Geste mit der Geißel wies er Haremhab an, die Straße zu räumen, und den Zug wieder in Bewegung zu setzen. …

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