Der Kuss
Das Festessen war vorbei und auf einer, an der Seite des Saales entlang laufenden Estrade, waren Tänzerinnen und Musiker aufgetaucht. Die sanfte Musik einer Laute wurde beschwingt vom Klappern der Rasseln und dem Geläut der Glöckchen an den Beinen der Tanzmädchen. Nefer hatte gehört, daß früher in Theben unter den Vorgängern des Echnaton solche Feste oft obszön und in Exzessen von Alkohol und sexuellen Ausschweifungen geendet hatten; der Pharao jedoch lebte nach anderen Regeln und hatte für solche Verlustierungen nicht viel übrig. Als die Musiker eine Pause einlegten, winkte Nofretete Nefer zu sich und bat: „Tu mir den Gefallen, Kind, und sing mit etwas vor. Deine Stimme ist so hübsch anzuhören.“ Verlegen ließ sich Nefer von einem der Diener eine Laute reichen und setzte sich zu Füßen ihrer Herrscherin. Die meisten Menschen hier, die sie jetzt neugierig ansahen, waren ihr egal; aber wegen einem ernsten dunklen Augenpaar, das unverwandt auf ihr ruhte, hätte sie am liebsten das Instrument weggeworfen und wäre davongerannt. Nefer schüttelte trotzig den Kopf – schließlich spielte sie für ihre Königin. Sie stimmte eine melancholisch Weise an und begann, mit sehnsuchtsvoll vibrierender Stimme, ein altes Lied aus ihrer Heimat zu singen. Antefs Blick hing wie gebannt an der zierlichen Sängerin, deren betörende Stimme direkt in sein Herz zu dringen schien. Auch die anderen Gäste waren verstummt und lauschten fasziniert dem ungewöhnlichen Gesang des fremdartigen Mädchens. Als Nefers Lied endete blieb es kurz still im Raum, dann brandete begeisterter Applaus auf. Schüchtern erhob sie sich und verbeugte sich vor der zustimmend lächelnden Nofretete. Dann schlich sie möglichst unauffällig zurück an ihren Platz, die Laute wie zum Schutz vor die Brust haltend. Inzwischen hatte die Musik wieder eingesetzt und die Gespräche setzten sich fort. Unvermittelt fühlte sich Nefer bei der Hand genommen und vom Kissen hochgezogen. …
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