… Sie wollte schon protestieren, als ein Blick in die tiefen, ernsten Augen des jungen Mannes sie verstummen ließ. Er nahm ihr sanft die Laute aus der Hand und legte sie auf ein Kissen, dann folgte Nefer ihm still durch die verhangenen Torbögen ins Freie. Lange schlenderten sie schweigend nebeneinander her durch den von tausend Lichtern erhellten Park. Nefers Gefühlswelt stand Kopf. Schließlich hielt sie es nicht mehraus, blieb abrupt stehen, schaute zu Antef auf und fragte mit tiefem Ernst in der Stime: „Was willst du von mir?“ Er wandte sich ihr zu, hob zärtlich mit dem Finger ihr Kinn und schaute ihr tief in die Bernsteinaugen in denen sich die Lichter der Nacht spiegelten, dann antwortete er kurz und bündig: „Dich!“ Seine direkte Art hatte ihr wieder einmal die Sprache verschlagen und das nutzte er aus und legte sanft seine Lippen auf die ihren. Seine Hände lagen auf ihren Schultern, aber er zog sie nicht an sich, als ob er sie nicht erschrecken wollte. Nefer war viel zu überrumpelt, um überhaupt zu reagieren, und als sie es gekonnt hätte, wollte sie`s nicht mehr. Er hatte seine Zunge sanft zwischen ihre Lippen geschoben und begann mit ihr zu spielen. Instinktiv ließ sich Nefer auf die Neckereien ein und erst, als sie ein diskretes Räuspern aus ihren Träumen riß, machte sie sich hastig von Antef los. Bei dieser Aktion kam ihr vom Küssen schon in arge Schräglage geratener Parfümkegel vollends ins Rutschen und Nefer konnte ihn gerade noch vor ihrem Gesicht auffangen. Wütend schleuderte sie ihn in ein Gebüsch, aus dem prompt eine fauchende Palastkatze schoß. Die Hände auf dem Rücken verschränkt, ein harmloses Lächeln auf den Lippen, so stand Haremhab vor ihnen und meinte ganz nebenbei, mit unterdrücktem Lachen in der Stimme: „Eine wunderbare Nacht heute, nicht?“ Damit ging er weiter und erst als er dem Paar den Rücken zugekehrt hatte, hörten die beiden ein leises Kichern. Nefer wusste nicht, wie sie sich jetzt verhalten sollte und begann verlegen und hastig dem jungen Arzt Fragen nach irgendwelchen Pflanzen und Tränken zu stellen, welche er bereitwillig und mit leichtem Amüsement beantwortete. Kurz darauf wurden sie wieder unterbrochen, denn Anchesenpaaton kam auf sie zu. „Ich habe dich gesucht, Nefer, die Königin hat gesagt, es wird zu spät für uns, wir sollen uns zurückziehen.“ Schon hatte Nefer, ihrem Temperament gemäß, einen Widerspruch auf den Lippen, doch in Anbetracht dessen, dass der Wunsch von Nofretete, ihrer geliebten Königin kam, schluckte sie ihn hinunter. …

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