Vater besteht auf Familienurlaub. Das bedeutet, dass unsere Freiheiten begrenzt sind. Wir werden möglichst alles gemeinsam unternehmen. Unsere Mundwinkel neigen sich immer mehr dem Boden zu, deshalb wird ein Plan entwickelt der Ärger und Unmut vermeiden helfen soll. Vater lenkt ein und so gehen Vater und Mutter zusammen einige Touren während wir in der Pension bleiben dürfen. Zwei große Bergwanderungen machen wir alle zusammen, und jeweils eine Bergbesteigung macht mein Vater nur mit mir und eine alleine mit meiner Schwester.
Der Tag kommt an dem ich früh morgens geweckt werde, meine festen Schuhe schnüre und hinter Vater auf dem schmalen Pfad erst durch Wald, dann über felsiges Gelände und ein Schneefeld dem Gipfelkreuz entgegen marschiere. Nach meiner anfänglichen Unlust werde ich gesprächiger und es stellt sich die Vertrautheit ein die wir früher zueinander hatten, die aber seit dem Umzug unauffindbar ist. Wir kreisen um Vaters Lieblingsthemen. Er spricht über die Regeln der Marktwirtschaft und schaut unter diesen Aspekten in meine Zukunft. Dazu malt er bunte Bilder von einem erfolgreichem Berufsleben und den schönen Dingen die man sich mit dem dadurch erarbeiteten Kleingeld leisten könne. Gleichzeitig mahnt er meinen schulischen Fleiß an ohne den alle Träume nur Schäume seien. Das weiß ich längst alles, ist ja nicht das erste Mal dass er so mit mir spricht, trotzdem will sich der rechte Schwung nicht einstellen.
Jetzt geht es über ein Schneefeld. Bei herrlichem Sonnenschein stapfe ich hinter einer Kolonne Bergsteigern her. Schritt für Schritt soll ich vorsichtig voran gehen damit ich nicht ausgleite. Vater ist sehr stolz dass wir beide dieses unnachahmliche Erlebnis teilen. Am Gipfel ist das Kreuz natürlich durch einen Zaun vor zudringlichen Bergfreunden geschützt, aber Vater gibt nicht auf.
"Warte, ich komme noch ein bisschen weiter hoch", ruft er, dabei reckt und streckt er sich bis seine Fingerspitzen tatsächlich fast das Holz berühren. Ich soll mit der Kamera den ergreifenden Moment seiner Gipfelkreuzeroberung festhalten.
Beim Abstieg kehren wir ...
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