Kaum beginnen wir mit unserem Geschrei reißt die Direktorin ihre Türe auf und baut sich vor uns auf. Empört stemmt sie ihre Hände in die Hüften und fordert uns auf sofort ins Klassenzimmer zurück zu gehen. Unser Lehrer hastet nun nach vorne und versucht den peinlichen Fragen nach seinem Durchsetzungsvermögen zuvor zu kommen. Mit großen Gesten stellt er seine aussichtslose Position dar und, wir glauben ihn falsch zu verstehen weil es schier unvorstellbar schien, rät er der Direktorin, zwei Vertreter unserer Klasse zusammen mit Monika zu einem Gespräch zu bitten. Tatsächlich lässt sie sich darauf ein. Der Gesprächstermin wird auf die Zeit nach dem heutigen Unterricht festgelegt.
Triumphierend treten wir den Rückzug an. Wir haben gewonnen, rufen wir, doch unser Lehrer, vorhin noch ganz uneinsichtig, mahnt uns zur Ruhe. Er sei ohne weiteres einverstanden Monika bis zur Geburt des Kindes zu unterrichten und er denke, dass er jetzt auch für einige seiner Kollegen sprechen könne, aber ein Gespräch sei noch kein sicherer Sieg.
Ganz aufgeregt treffen wir uns am nächsten Morgen und tatsächlich, eine strahlende Monika sitzt in unserer Mitte. Sie darf bleiben und wenn das Kind da ist und sie sich in der Lage fühlt darf sie weiter in diese Schule gehen und ihr Abitur machen.
Wir bestürmen sie nun mit Fragen nach ihrem Befinden und den Vorbereitungen, die sie sicher für das Kind treffen müsse. Ich habe sie vorher nie so mitteilsam erlebt. Sie erzählt ganz neue Dinge von Besuchen beim Gynäkologen, ich kenne nur den Kinderarzt und den Zahnarzt, von dem wachsenden Bauch, dem Geburtsvorbereitungskurs und der häuslichen Situation. Sie möchte mit ihrem Freund zusammenziehen, aber die Eltern haben sich noch nicht entschieden. Dann hechelt sie uns noch was vor, so wie sie es für die Geburt lernt, nennt ihre Entbindungsklinik und das voraussichtliche Geburtsdatum. Meine Neugier an diesen Dingen ist bedient. Ich verziehe mich auf meinen Stuhl. Die anderen folgen bald nach und der Schulalltag beginnt, doch diese Geschichten beflügeln meine Fantasie.
Abends im Bett versuche ich mir diese Vorgänge vorzustellen. Nein, komme ich zu dem Ergebnis, das ist nichts für mich. Klar möchte ich Kinder, aber nicht so früh. Wenn ich mir den Geburtsvorgang vorstelle dann entscheide ich mich dafür diesem Thema noch sehr lange aus dem Weg zu gehen.
Jeden Morgen vor dem Unterricht treffen sich hunderte Schüler am zentralen Busbahnhof. ...
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