… Immer noch schreiend wuchtete sie sich hoch und fegte wie eine Furie durch das Zimmer, welches ihr über drei Wochen lang Schutz geboten hatte. Durch ihre eigene Dummheit hatte sie diesen Ort der Zuflucht entweiht und Sam zerstörte alles, was ihr in die Quere kam. Sie fegte die Nachttischlampe vom Tisch, zog die Matratze vom Bett und warf den Stuhl gegen die Wand. Sams Stimmbänder quittierten völlig überlastet den Dienst und ihre heiseren Krächzlaute konnten kaum das Hämmern ihres Herzens übertönen. Wenn ihre Stimmbänder rissen, würde sich auch ihr Verstand mit einem unspektakulären „Zipp“ von ihr lösen. Sam verstummte. Mit irrem Blick und gesenktem Kopf blieb sie still stehen und versuchte, ihren Atem zu kontrollieren. Durch den Krach in Sams Zimmer alarmiert oder von Brutus beauftragt, eilten Rosa und der picklige Arzt in den Raum. Rosa begann beruhigend auf Sam einzureden, während sich der Arzt ihr vorsichtig mit einer Spritze näherte. Doch Sam hatte begriffen, dass sie nur einem Menschen trauen konnte - sich selbst. Wer sich ihr in den Weg stellte, war gegen sie. Niemand in dieser verlogenen und kranken Welt war für sie da. Auch auf das Wort von Anita und Miguel gab sie keinen Pfifferling. Sie würden sie in diesem elenden Knast verrecken lassen. Sie entwand dem ängstlichen Arzt die Spritze und rammte sie ihm in den Hals. Er verdrehte in einem komischen Gesichtsausdruck die Augen und sackte wie ein gefällter Baum zu Boden. Rosa griff nach Sams Arm. Sam rammte ihr den Ellenbogen in den Magen und stieß Rosa zur Seite. Sie hetzte zur Tür. Brutus stand kalt lächelnd da und füllte den Türrahmen aus. Er hob den Elektroschocker, Sam wurde schwarz vor Augen.
Kapitel 6
Mit einem kreischenden Geräusch verkantete die silberne Scheibe im Holz des Türrahmens. Aufgewühlt durch die Schatten ihrer Vergangenheit, presste Sam unbeherrscht den Schalter weiter auf Power und rüttelte wie verrückt am Griff der Minikreissäge. Das Metall kreischte protestierend auf und das leise Summen des Gerätes erstarb. Bläulicher Rauch stieg aus dem Gehäuse empor, es roch verschmort. Das blöde Ding hatte gerade überlastet den Dienst quittiert. Sam lehnte erschöpft den Kopf gegen ihre mit Staub und Holzstückchen übersäten Unterarme. Sie gestattete sich nur einen kurzen Moment der Untätigkeit. Wütend sah sie auf das Ding, das im Holzrahmen steckte. Zwei saubere Schlitze zogen sich oberhalb des Türschlosses durch das Holz, auch die senkrechten Schlitze davor wirkten vielversprechend. …

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