… “ Als Nefer sich nicht rührte und das Schweigen zwischen ihnen sich unangenehm ausdehnte fuhr er fort: „Ich werde das Gefühl nicht los, daß du mit deinem Begleiter nicht freiwillig Zimmer und Schlafstatt teilst?“ Ohne auf ein Antwort zu warten machte er ihr sein Angebot. „Ich wäre durchaus bereit, dich hier herauszulassen und dich solange zu verstecken, bis er verschwunden ist. Dafür müßtest du nur eine Weile für mich arbeiten und ein bißchen freundlich zu mir sein... das ist dochnicht zuviel verlangt für so einen wertvollen Dienst. Es wird für mich ja auch nicht einfach werden, deinem Herrn zu erklären, wie du mir entwischt bist. Aber mir wird da schon was einfallen.“ Mit einem dicken Finger strich er über Nefers Wange und ließ ihn weiterwandern, bis er fast ihren Busen erreicht hatte. Sein Atem beschleunigte sich zu einem kurzatmigen Keuchen und Nefer wandte angewidert den Kopf zur Seite, als er sich an sie drängte. Die Gedanken rasten durch Nefers Kopf: die Tür stand offen und dies war wahrscheinlich ihre letzte Möglichkeit zur Flucht. Sie mobilisierte all ihre Kräfte und zog mit einer ruckartigen Bewegung ihr Knie hoch. Sie spürte, wie ihre Kniescheibe genau die beiden Rundungen unter des Wirtes Schurz traf, die sie im Visier gehabt hatte. Der Atem wich mit einem Stöhnen aus seinen Lungen, sowie die Farbe aus seinem Gesicht. Er sank zusammen, wie ein leerer Sack und griff sich mit seinen wulstigen Händen in den Schritt. Wie eine Gazelle sprang Nefer über das Häuflein Elend hinweg und hastete die Treppe hinab. In der Gaststube waren zum Glück nicht viele Männer anwesend und die, welche würfelnd oder trinkend an den Tischen saßen, beachteten sie kaum. Sie rannte durch die Tür, verschwand in einer der umliegenden schmalen Gassen und rannte, bis ihr der Atem wegblieb. Nach Luft ringend lehnte sie sich gegen einer rauhe Hausmauer und versuchte Klarheit in ihre durcheinanderwirbelnden Gedanken zu bringen. Was sollte sie tun? Wo sollte sie hin? Ihr war nur klar, daß sie sich irgendwo verstecken mußte, bis Tutu am nächsten Tag mit irgendeinem Schiff die Weiterreise angetreten hatte. Langsam beruhigte sich ihr Atem und sie konnte ihre Gedanken ordnen. Während sie immer wieder ängstlich die schmale Gasse auf und ab spähte, überlegte sie: „Tutu wird seine Abreise nicht verschieben. Dieses Risiko kann er nicht eingehen. Er wird lieber auf mich verzichten, als seine Freiheit oder sogar sein Leben aufs Spiel zu setzen. …

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