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Sie erwachte, weil sie einen unerträglichen Druck auf ihre Magengegend verspürte und sich übergeben mußte. Sie dachte zuerst, sie befände sich wieder auf dem schlingernden Sklavenschiff, welches sie aus der Heimat entführt hatte; dann klärten sich ihre Gedanken und sie öffnete vorsichtig die Augen. Der Morgen war bereits angebrochen. Unter sich sah sie schwankenden gelben Wüstensand und lange, behaarte Beine. Es wurde ihr klar, daß sie bäuchlings auf einem Kamel festgebunden war. Sie hob den Kopf ein wenig höher, was zur Folge hatte, daß sie sich beinahe zum zweiten Male übergeben mußte. So konnte sie aber die Umgebung grob überblicken. Sie sah mehrere vermummte Gestalten, die ebenfalls auf Kamelen ritten. Falls sich ihre Angst noch steigern konnte, so tat sie es in dem Augenblick, in dem sie auf dem Kamel neben sich den bösartig grinsenden Tutu erblickte. „So sehen wir uns also wieder. Freust du dich nicht? Ich habe mit dir noch einiges abzurechnen.“ Nefer versuchte die Panik niederzukämpfen und fuhr sich mit der Zunge über die trockenen Lippen. „Was hast du mit mir vor?“ Ihre Stimme gehorchte ihr nicht so recht und klang leise und heißer. „Oh, das muß ich mir noch genau überlegen.“ Tutu maß sie mit abschätzendem Blick. „Dein Haar beginnt schon wieder nachzuwachsen.... bald siehst du wieder wie eine echte Frau aus.“ Er lachte gehässig. „Vielleicht mache ich dich meinem Gönner Aziru zum Geschenk – natürlich erst, wenn ich mich ausgiebig mit dir vergnügt habe. So gefährlich du auch bist, so schön bist du. Diese Tatsache kann ich nicht leugnen.“ Nefer unterdrückte das Zittern, das sie überlief und fragte weiter: „Wie bist du auf das Palastgelände gelangt?“ Er lächelte gelangweilt und antwortete: „Das war absolut kein Problem. Der Palast war schon vorher schlecht bewacht und nach dem Tod des Pharao war nur noch spärlich Wachpersonal vorhanden... aber das weiß du ja selber. Es kam mir nur dieser Huya in die Quere, er ist – beziehungsweise „war“ – fast genauso lästig wie Haremhab. Überall müssen diese Schnüffler ihre Nasen hineinstecken. Nun ja, für Huja jedenfalls hat es sich ausspioniert!“ Er musterte Nefer wieder mit seinem hinterhältigen Lächeln. „Oh, ich vergaß, im Spionieren kennst du dich ja aus!“ Nefer schloß kurz die Augen und versuchte die wiederaufsteigende Übelkeit zu überwinden. „Warum hast du ...
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