Sylvia blickte den Mann erwartungsvoll an und brachte nur zwei Worte über die Lippen. „Wie lange?“–
Der Mann sah sie erstaunt an. Dann zeigte er ihr drei Finger seiner rechten Hand und fügte flüsternd das Wort Jahre hinzu.
Plötzlich schien der Boden unter ihren Füßen zu wanken. Es fühlte sich an, als würde sie neben sich stehen und auf sich selbst hinabblicken können. Drei Jahre, war das wirklich wahr? Obwohl sie wusste, dass es wahr war. Schließlich zeigte die Zahl genau das an. Drei mal dreihundertfünfundsechzig Tage. Da stand es, weiß auf schwarz: 1095!
Sie registrierte kaum, wie der Aufseher ihr die Fußfesseln löste, ihr die raue, kratzige Decke über die Schultern legt und sie von ihrem Podest hinunter schob. Seine unverständlichen Worte schossen an ihr vorbei, als stünde sie unter einem Wasserfall. Dann der symbolische Händedruck des Aufsehers. Ob es wohl gute Wünsche für sie gewesen waren? Sylvia wünschte es sich.
Der Mann in den Kakihosen reichte ihr seine Hand. „Komm“ und führte sie auf die Ausgangstür zu, mit der sie schon so unangenehme Erfahrungen gemacht hatte.
...
7. Buch - Die Fahrt
Das grelle Sonnenlicht brannte in den Augen und der Sand unter ihren nackten Fußsohlen war kochend heiß. Was sollte sie bei der Hitze mit dieser miserablen, kratzigen Decke anfangen. Am liebsten hätte Sylvie sie auf der Stelle fallen lassen. Doch Aufruhr, ihretwegen, jetzt noch, das was das Letzte, was sie im Moment gebrauchen konnte. Folgsam trottete sie hinter dem Filzhutmann her, auch wenn der heiße Boden an ihren Füßen brannte.
Diesmal blieben die Hunde (Gott sei Dank) an ihren Leinen. In der Mitte des Hofes stand ein offener Kübelwagen. Ein Jeep oder irgendein ähnlicher Geländewagen, sie kannte sich bei Fahrzeugen nicht so gut aus. Der Mann half ihr auf die Ladefläche, wo bereits mehrere Säcke mit irgendeinem, nicht ersichtlichen Inhalt lagen. Sylvia platzierte sich so gut es ging zwischen den Säcken auf dem harten Wellblechboden der Ladefläche. Der Mann selbst klemmte sich hinters Lenkrad und die Fahrt begann.
Sylvia beobachtete, wie die beiden Wachleute beflissen das große Stahltor öffneten. Der Wagen brauste hindurch und bog auf die Hauptstraße ein. Sie musste sich korrigieren. Das war keine Hauptstraße, so wie sie es kannte. ...
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