Mira lächelte, dann ging sie zu der alten Kommode, und kramte darin herum. Endlich zog sie etwas aus beinahe weißem, gewebtem Leinen heraus und reichte es ihr. Neugierig untersuchte Sylvia die Gabe. Was sollte das? Obwohl es sich weicher anfasste, als es aussah, das waren Tücher, nichts weiter.
Doch Mira hatte sich bereits angekleidet und lächelte nervös, als sie die trostlose, verunsicherte und trübsinnige Sylvia beobachtete. Mit einem Kopfschütteln zeigte sie ihr, wie man das breite Stück Stoff als Rock und das schmalere wie ein Oberteil anlegen konnte.
Du, mit deiner Besserwisserei kannst mir gestohlen bleiben, überlegte Sylvia und trottete schweigend ihrer Führerin nach, bis sie nach einer Weile so etwas wie einen Schlafsaal erreichten. Auf beiden Seiten des Raumes reihten sich Bett an Bett. Na ja, der Begriff Pritsche wäre sicher angemessener gewesen. Schließlich blieb die Fremde vor einer Schlafstatt stehen und deutete darauf. Sylvia sah sie an, dann das Bett. Endlich! Sie ließ sich auf das Laken fallen. Wieder deutete die Fremde auf sich selbst und sagte dieses Wort, dass nach [mira] klang. Doch Sylvia ignorierte sie und starrte gegen die Decke. Die und auch alle anderen konnten ihr heute gestohlen bleiben. Und das war das Letzte, an was sie sich erinnerte. Sie hatte ehrlich schon bessere Tage erlebt.
...
In der kleinen Kammer herrscht nur Dämmerlicht. Irgendein verirrtes Insekt summte durch die abgestandene Luft. Sylvia hockte noch immer am Boden an die Wand gelehnt. Langsam begann ihr Rücken zu schmerzen, so dass sie aufstand, um den Blutkreislauf zu reanimieren. „Scheiße, scheiße, scheiße!“ Es war das erste Mal, dass sie beim hemmungslosen Fluchen keine Schuldgefühle bekam. Wenn sie darüber nachdachte, was da geschehen war... So etwas hatte niemand verdient! Und gerade sie? Wieso, um alles in der Welt? Was hatte sie denn so schreckliches getan, dass Gott …
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