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Sunu saß immer noch auf seinem Bett. Er hatte einen Alabasterkrug mit Wein geleert, ohne die Flüssigkeit in Becher zu schenken, doch nichts konnte seine aufgewühlten Gedanken beruhigen. Immer wieder geisterten Bilder von der stummen starren Gestalt Tujas durch seinen Sinn und immer wieder sah er ihre Augen. Wie konnten die Augen einer Toten noch nach ihrem Ableben so lebendig aussehen und um Hilfe flehen? Er konnte einfach nicht glauben, dass sie tot sein sollte. Auch andere Bilder zuckten durch seinen Kopf: Der Arzt, wie er den Kopf schüttelte. Hapuseneb, der dem Pharao ein verschwörerisches Zwinkern schickte. Der junge Priester, der mit der Lampe verschwand. Der zufriedenen Blick des Thutmosis. Wo war der Zusammenhang? Was war passiert? Immer und immer wieder ließ Sunu die Bilder Revue passieren. Er musste den Schlüssel finden. Er wusste nicht warum, er wusste nur, dass etwas nicht stimmte. Sunu hatte keine Ahnung, wie lange er nachgedacht hatte. Irgendwann musste er doch eingenickt sein. Mit einem Stöhnen auf den Lippen fuhr er vom Bett hoch. Das war es – die Lampe, man hatte vergiftetes Öl in die Lampe getan. Im Halbschlaf hatten sich die Gedanken immer noch in Sunus Kopf im Kreis gedreht und ihm war eingefallen, dass die Priester bei ihren Zeremonien alle möglichen Sorten von Rauch entstehen lassen konnten: Farbigen Rauch, Rauch, der die Gestalt von Mensch oder Tier vorgaukelte, aber auch Rauch, der einen benommen machte. Was, wenn Tuja gar nicht mit einem Getränk oder etwas zu Essen vergiftet worden war? Was, wenn es der Rauch aus der Lampe war? Warum sonst hätte Hapuseneb dafür sorgen sollen, dass die Lampe verschwand? Es musste so sein! Der Hohepriester, der schon immer hinter dem Pharao gestanden hatte, hatte für Thutmosis die Drecksarbeit übernommen. Sunu sprang von seinem Lager und stürzte beinahe über seinen vor dem Bett sitzenden Schreiber. „Aua, aua!“ Rief dieser entrüstet, als Sunus Fuß auf seinem Schenkel landete. Der Befehlshaber sprang zur Seite und entlastete den armen Tunip. Entnervt fragte er: „Was machst du denn hier? Habe ich dich nicht fortgeschickt?“ „Ja, Herr,“ antwortete der Diener kleinlaut sich vom Boden erhebend. „Aber als ich durch die Tür lugte, schienst du zu schlafen und ich setzte mich vor deine Liegestatt, falls du mich beim Erwachen brauchen würdest.“ Im Licht, dass durch das schmale Fenster fiel, sah Sunu in die treuherzigen Augen des jungen Mannes. …
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