… Ihre Gewänder waren schmutzig und zerrissen, ihre fleckigen Wangen eingefallen. Das einst prächtige Haar hing in feuchten Strähnen um das blasse Gesicht. Die Glieder waren mager und die Hände blutig. Mitfühlend schaute er auf Sunu, der keinen Blick von der auf seinen Armen Ruhenden nehmend, vorsichtig die Stufen nach oben erklomm. Hoffentlich würde die adlige Dame die ihr angetane Tortur überleben. Hui war sich dessen durchaus nicht sicher. Er beleuchtete den Boden für Sunu, damit er mit seiner leichten Last nicht stolperte; als dieser jedoch ohne zu überlegen den Weg zum Palast einschlagen wollte, hielt er ihn sanft an der Schulter zurück. „Wohin willst du mit ihr gehen?“ Fragend wandte der Befehlshaber den Blick, der bisher unverwandt auf dem bleichen Gesicht Tujas geruht hatte, dem Leibwächter zu. „Überlege doch, willst du sie wirklich in den Palast bringen?“ Endlich schien Sunu sich seiner Umgebung wieder bewusst zu werden. Und mit fester Stimme antwortete er: „Natürlich nicht. Du hast recht, Hui, dort wäre sie in unmittelbarer Gefahr. Würde Thut herausfinden dass sie noch lebt, würde er sofort etwas in die Wege leiten, um sie endgültig beiseite zu schaffen, ist sie doch die einzige Zeugin für sein unheiliges Bündnis mit Gaza. Aber wohin sollen wir sie bringen? Außer im Palast kenne ich in Theben keinen Menschen.“ Wie so oft sah der Befehlshaber die Zähne des Negers aufblitzen: „Ich hab da so eine Idee.“
*
Nicht einmal die ersten Strahlen Res hatten den Weg zum noch dunklen Himmel gefunden, als Hui und Sunu sich auf den Weg zu ihrer Herrin machten. Von Angst und Fieber geschüttelt hatte die Dame Tuja auf Sunus Armen von ihrem Erlebnis berichtet. Auch wenn sie sich immer wieder unterbrochen und einiges wiederholt gestammelt hatte, so konnten Sunu und Hui sich doch ein ziemlich genaues Bild von den Umständen machen, die zu ihrer Entführung geführt hatten. Nachdem sie also die Dame Tuja in Sicherheit gebracht hatten, musste ihr nächsten Weg zur Herrin beider Länder führen, um ihr Bericht zu erstatten. Die Wachen vor der Tür ihrer Gemächer waren mehr als überrascht, zu dieser unüblichen Stunde den Befehlshaber nebst Leibwächter um Zutritt bitten zu hören. Es dauerte eine geraume Weile, bis eine Dienerin auf wiederholtes Anklopfen öffnete und verschlafen nach dem Grund der unverschämten Störung fragte. Der Wachsoldat flüsterte ihr etwas zu und sie verschwand im Zimmer. …
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