… Zu seinem Glück war dies bei seiner dunklen Hautfarbe ja kaum zu erkennen. Die Hofdamen trugen nämlich Kleider, die nur bis unterhalb des Busens reichten. Die Brustwarzen waren zu allem Überfluß auch noch mit Henna rot gefärbt. Der Rest der Gewänder war aus so hauchdünnen buntglitzernden Stoffen gearbeitet, dass mehr gezeigt, als verborgen wurde. Am schlimmsten war es für den Leutnant, dass er trotz aller Peinlichkeit die Blicke nicht von den Schönheiten abwenden konnte. Endlich gelang es ihm, als die Stimme der Königin, sich wieder zu Wort meldete. Diese Stimme vibrierte ein wenig und Sunu merkte, dass Hatschepsut sich über ihn lustig machte. „Nun, Leutnant Sunu, gefallen euch meine Hofdamen.“ Hauptmann Nakht puffte ihm den Ellbogen in die Rippen und warf ihm einen vernichtenden Blick zu, während die Damen tuschelnd und kichernd die Köpfe zusammensteckten. Sunu richtete sich zu seiner vollen Größe auf und fand, seine Unsicherheit unterdrückend, zurück zu seiner sonstigen ruhigen und direkten Art. Ehrlich antwortete er, der Königin fest in die Augen blickend: „Sie sind sehr schön, doch keine ist so schön wie ihre Göttin.“ Kurz schien die Königin geschmeichelt, doch dann fiel wieder die unnahbare Maske über ihr perfektes Gesicht. Steif, wie eine Statue, saß sie auf dem goldenen Sessel. Im Licht der unzähligen Lampen und Kohlebecken und im Widerschein der Bronzespiegel an den Wänden wirkte die Königin in ihrem schimmernden Geschmeide tatsächlich so unwirklich wie eine strahlende Göttin. „Trete zu mir, Leutnant Sunu!“ Befahl sie mit kalter Stimme. Sunu trat äußerlich ruhig, doch innerlich bangend, vor sie hin. Er wusste zwar nicht, was er angestellt haben konnte, doch die Herrscherin war äußerst empfindlich und hatte ihre Ohren und Augen überall. So konnte man nie wissen was ihr – ob wahr oder unwahr – zugetragen worden war. Er stand mit gesenktem Haupt vor seinem Pharao und wagte nicht, den Blick zu heben. Erst, als ein erstauntes Raunen unter den wenigen Zuschauern entstand, hob er vorsichtig den Kopf und sah plötzlich direkt in die Bernsteinaugen von Hatschepsut die, da sie auf der untersten Stufe zu ihrem Thron stand, sich direkt auf seiner Höhe befanden. Etwas Kaltes berührte seine Brust und unfähig zu begreifen bemerkte Sunu, dass die Königin den wundervollen Schmuckkragen mit dem Horusauge um seinen Hals gelegt hatte. Die Königin ließ die Arme an ihrer Seite herabfallen und trat steif einen Schritt zurück. …
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