… Nakht wandte beunruhigt den Kopf um zu sehen, was da vor sich ging, wagte aber nur ein vorsichtiges und fragendes: „Herrin?“ Mit einem kühlen Lächeln erklärte Hatschepsut: „Ich will nicht auf dem Fels lauern, wie eine Kakerlake. Ich will die Männer in den Kampf führen, schließlich bin ich ihre Königin.“ Ihre Stimme war immer lauter geworden und als die Männer den letzten Satz hörten brachen sie in begeisterte Jubelrufe aus, die von der Königin mit einer Geste unterbrochen wurden. Milde lächelnd blickte sie auf die sie umringenden Männer hinab und sprach: „Wenn ihr so laut schreit, können wir nicht einmal eine taubstumme Greisin überraschen, geschweige denn gerissene Diebe. Also los jetzt!“ Kaum war die letzte Silbe über ihre Lippen gekommen, hatte sie auch schon dem sprachlosen Nakht die Zügel aus der Hand genommen und ließ die Pferde mit einem Satz angaloppieren. Sunu konnte sich, trotz der ernsten Situation, angesichts der total ratlosen Miene des Hauptmannes, der sich krampfhaft am Rand des Streitwagens festklammerte, ein Grinsen nicht verkneifen. Die Männer schwangen sich auf ihre Wagen und folgten begeistert ihrer Königin in Richtung des im Abendlicht leuchtenden Horizonts. Sunu erklomm endlich ungehindert sein Kriegsgefährt und machte sich mit den anderen auf den Weg zum Felsmassiv.
*
Wie Schatten hatten sich Sunus Männer auf den zerklüfteten gut fünf Mann hohen Felsrücken geschlichen und lagen jetzt hinter großen Steinbrocken und verdorrten Büschen auf der Lauer. Unter sich konnten sie die arglosen Männer sehen, die am Lagerfeuer stolz ihre Beutestücke ausgebreitet hatten: Gold von den Minen am zweiten Katarakt, Edelsteine aus dem Lande Kusch und bereits verarbeiteten Schmuck, der wohl auch von daher stammte. Die Schätze glitzerten und gleißten im Licht der roten Sonne. Es herrschte heitere Stimmung unter den Dieben. Es waren Nomaden in weiten langen Gewändern und mit gewickelten turbanähnlichen Kopfbedeckungen, die nur die Augen freiließen. Der Wein floß in Strömen aus den Lederschläuchen, die für den Transport von Flüssigkeit durch die Wüste verwendet wurden. Mit Sicherheit waren auch diese gestohlen. Sunu ließ seine Augen über die Gruppe der Nomaden gleiten. Es waren etwa 100 Leute. Sunu hatte seine fünfzig Männer und noch die Soldaten von Nakht bei sich. Er dachte, dass er allein mit seinen Männern diese Sache auch hätte erledigen können. …
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