… Blumen wohin man schaute. Alles standesgemäß.
‚Dort könnte ich jetzt auch liegen‘, dachte ich bei mir, während sich immer mehr Gäste im Rund versammelten, ‚wenn die Sprengladung am Kran kein Blindgänger gewesen wäre‘. Aber schnell wischte ich diese trüben Gedanken beiseite. Sentimental wollte ich nicht werden, schließlich war das eine Bestattung und ich nicht im Dienst. Wer wollte schon sentimental werden. Bei einer Beerdigung.
Da erschien Rocco! Begleitet von zwei seiner Leute stellte er sich direkt neben mich, die Hände vor sich verschränkt.
„Harry“, sagte er.
Das war seine knappe Begrüßung. Ich streifte seine Gestalt mit einem kurzen Blick und sagte:
„Hätte nicht erwartet, dich hier zu sehen, Rocco. Was treibt dich hierher? Dein schlechtes Gewissen?“
Rocco Garibaldi, der eine weiße Nelke im Knopfloch trug, schwieg eine Minute. Dann neigte er sich zu mir herüber und flüsterte:
„Carl und ich waren Freunde. Vergiß das nicht!“
„Kain und Abel waren Brüder“, entfuhr es mir leise.
Rocco schaute mich überrascht an und sagte mit italienischem Akzent:
„Du glaubst, ich hätte etwas mit seinem Tod zu tun? Harry, du machst mir das Leben schwer.“
„Meines ist dank deiner Mithilfe momentan auch nicht gerade einfach“, entgegnete ich.
Das war nur ein weiterer kleiner Seitenhieb, den ich ihm zukommen ließ, mochte er davon halten was er wollte.
Meine Aufmerksamkeit richtete sich auf eine junge Dame, blond, vielleicht 30 Jahre alt, die eben zu Vanessa trat. Sie beugte sich zu der Sitzenden, umarmte sie lange und schaute sie kurz an. Dann stellte sie sich hinter die Witwe. Ich kannte diese Frau. Einmal hatte ich sie gesehen, und zwar beinahe einen ganzen Abend lang. Wie sie sich mit Vanessa nackt auf dem Motelbett geräkelt hatte, fotografiert von einem vorwitzigen Detektiv. Und die Bilder waren nicht für den Playboy bestimmt gewesen, vielmehr hatten sie dazu geführt, daß Vanessa von dem Verblichenen geschlagen worden war. Es war ihre Liebhaberin. Auch sie besaß lange Beine, allerdings nicht so eindrucksvolle wie die von Imelda.
Als die Zeremonie begann, schweifte mein Blick über die Trauergäste, Betroffenheit, wohin man schaute - außer bei den drei Familienmitgliedern. Und bei der Blonden, die hinter Vanessa stand. Ich konnte mich nicht entsinnen, bei einer ähnlichen Veranstaltung derart teilnahmslose Angehörige gesehen zu haben. Bei genauer Betrachtung hätte man im Gesicht der blonden Frau beinahe ein zufriedenes Lächeln erkennen können. …
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