… Vor kurzem hatte er aufgehört sich zu rasieren. Wieso, so fragte er sich, sollte er in diesem Rattenloch genauso intensiv Körperpflege betreiben wie in Freiheit? Der stoppelige Bart aber juckte immens, weil die scharf abgeschnittenen Haarspitzen sich zu krümmen begannen und in die Haut stachen. Immer wieder mußte er innehalten, sich das Gesicht zu kratzen. Am Ende seiner Arbeit waren Hände und Wangen über und über mit weißem Staub bedeckt.
Nachdem dieser Watson gestern auf sein Angebot von 260 000 Dollar, das der Entführte fast täglich erhöht hatte, schon wieder nicht eingegangen war, konzentrierte sich Robert Truman umso mehr auf das Loch in der Wand. Er würde sich selbst befreien, es konnte nicht mehr lange dauern, bis er durchbrach. Der Joghurtlöffel hatte längst seinen Geist aufgegeben, er war direkt am Stielanfang abgebrochen und mit der Mülltüte entsorgt worden. Auch bei der Mörtelbeseitigung gab es bisher keinerlei Schwierigkeiten, alle Kleinteile wanderten in die Toilette und wurden weggespült, die größeren im Bad deponiert. Richtig stolz war Truman auf seine Uhr und deren unverwüstliches Band.
Sein heutiger Arbeitstag als Maulwurf war zu Ende, er kroch heraus, erhob sich auf die Knie. Bis sein Wächter sich meldete, blieb noch ausreichend Zeit, der tat dies immer um die gleiche Stunde. Der Geschäftsmann stand auf, reinigte den Boden, hängte das Badetuch vor die Öffnung und zog es so weit nach unten, daß es gerade noch hängenblieb. Es war gleich halb fünf, der Moment der Nachrichten. Nach dem Waschen begab er sich schnurstracks zu diesem Akkuladegerät in Gestalt eines Hometrainers. Dort verbrachte er seit vielen Tagen ohnehin, wie er glaubte, mehr Zeit als in seinem Bett. Die Verfassung des Milliardärs hatte sich in den vergangenen drei Wochen täglich verbessert, mittlerweile war er imstande, mehr als eine Stunde kräftig in die Pedale zu treten, ohne schlapp zu machen. Was zur Folge hatte, daß der Fernseher danach länger als 30 Minuten lief, obwohl das Rad stillstand. Darauf war Truman beinahe stolz.
Die Regionalnachrichten berichteten von Bootsunfällen am Strand, von Attacken eines Kampfhundes, von einem Kind, das vermißt wurde. Den Namen Truman erwähnte niemand auch nur mit einer Silbe. Dieser Umstand sorgte bei dem Gefangenen für Resignation, was die Hoffnung auf eine baldige Befreiung betraf. Aber wie er die Lage einschätzte, war es nur noch eine Frage von wenigen Tagen, bis er dieses Mauerwerk durchbrochen hatte. …
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