…  Unterwegs half ich noch einer Dame mittleren Alters ein Rad zu wechseln. Zwischen Montara und Devils Slide, nahe der Steilküste, war sie auf einen scharfkantigen Flaschenboden gefahren, der auf der Straße lag, was ihrem rechten Vorderreifen nicht bekommen war. Nach getaner Arbeit wollte sie mich für meine schmutzigen Hände und die Mühe entlohnen, ich winkte ab. Hände, die von Arbeit schmutzig wurden, waren keine Schande, wie ich meinte. Stattdessen gab ich ihr meine Karte für den Fall, daß sie einmal meine Dienste in Anspruch nehmen müßte. Überrascht steckte sie sie ein, während sie mir nachblickte. Wir fuhren beide weiter. Mittlerweile war es 3 Uhr morgens und ich hatte nicht einmal die Unverschämtheit besessen, die Dame zu fragen, woher sie zu so später Stunde kam. Das gehört sich nicht.

***

   Im Police Department herrschte eine gespannte Atmosphäre. Für 11 Uhr hatte Bürgermeister Gandolfo seinen Besuch angekündigt, jetzt war es 10 Uhr 47. Savas stand hinter seinem Schreibtisch, hielt die Liste der potentiellen Organempfänger in Händen, und auf seiner Stirn bildeten sich kleine Schweißperlen. Auf besagter Liste hatte er die Namen zahlreicher Leute entdeckt, die unbedingt zu den Einflußreichen und Vermögenden dieser Stadt und des Staates Kalifornien zu zählen waren. Unklar blieb, ob die Empfänger wußten, woher sie ihre ‚Ware‘ beziehen sollten. Da jedoch auch Preise genannt wurden, war davon auszugehen, daß sie sehr wohl eine Ahnung davon hatten, daß es sich nicht um legale Organe handeln konnte, Organe, die freiwillig gespendet wurden. 200 000 Dollar für eine Niere. 300 000 für eine Leber, 500 000 für eine Lunge oder ein Herz. Für gewöhnlich übernahmen die Krankenkassen die Kosten für eine Transplantation, wobei das Organ selbst kostenlos blieb. Das bedeutete aber auch, der ungeduldige Adressat stand auf einer Warteliste beträchtlicher Länge. Nun, um diese zu umgehen, waren in der Vergangenheit schon horrende Summen an Ärzte geflossen, mit Erfolg, wie man in den Gazetten lesen konnte. Diesbezüglich hatte es mehrere Skandale gegeben, die in einigen Kliniken zu Entlassungen geführt hatten. Aber was unser Import-Exporteur hier abgeliefert hatte, überschritt alle Schranken. Señor Valdez war zur Fahndung ausgeschrieben. Insofern zeitigten meine nächtlichen Exkursionen durchaus erste Erfolge.

„Wenn die erfahren“, begann Savas vorsichtig, „wie du an diese Dokumente gelangt bist, schmettert jeder Richter die Anklage ab. …