…  Ich schaute Vanessa an und sagte:

„Sie hat er geschlagen, aber ist das ein Grund …“

Sie unterbrach mich, indem sie die Hand hob, aufstand und auf mich zutrat.

„Das war nicht das erste Mal. Carl war jähzornig, grob und unnachgiebig. Und er hatte Liebschaften.“

Damit warf sie mir erneut einen Blick zu, der besagte: Sie wissen das am besten. Natürlich wußte ich das. Vanessa sprach weiter.

„Carl war ein beherrschender Mensch, der keinen Widerspruch duldete. Weder im Geschäftlichen noch im Privatleben. Zudem hat er alles angebaggert, was nicht schnell genug auf die Bäume geklettert ist. Junge Mädchen, Bedienungen im Club, alles. Sogar nach Hause hat er Weiber mitgebracht. Selbst …  selbst Martha hat er den Hof gemacht. Vergeblich.“

Sie atmete tief ein, blickte in die Runde und ihre Augen blieben an Martha hängen. Die wurde zusehends unruhig. Nicht, daß ich die Situation genossen hätte. Menschen, die sich unbehaglich fühlen, sind nicht immer ein schöner Anblick. Dennoch interessierte mich der Grund. Martha schaute Vanessa lange an, die nickte nur. Unvermittelt begann die Sekretärin zu sprechen.

„Er kam in Imeldas Wohnung ohne anzuklopfen. Wir beide, Vanessa und ich, tranken dort gerade Tee am Fenster. Wir hatten uns in der letzten Zeit öfter drüben bei Imelda getroffen, um ungestört zu sein. Zuerst stand er nur da. Die Verachtung, die er uns entgegengebracht hat, war nicht zu ertragen. Dann fing er an, uns zu beschimpfen. Vanessa nannte er eine Lesben-Schlampe und mich eine ...“

Sie stockte. Auf seinem Sitz rutschte Brad hin und her. Es war nicht zu erkennen, ob er dieses Gespräch als zu intim empfand. Seine Unruhe übertrug sich auf Imelda. Die suchte nach einer Zigarette, fand jedoch keine. Martha fuhr fort.

„ … eine Profit-Hure. Immer mehr hat er sich ereifert. Ich glaube, es war auch, weil ich ihn abgewiesen habe. Vanessa hat ihn bloß angeschaut. Das hat ihn offenbar provoziert, denn mit einemmal hat er ihr mit der Rückhand ins Gesicht geschlagen. Als Vanessa kaum reagiert hat, packte er eine Kristallvase und wollte damit auf sie losgehen. Die Vase fiel zu Boden, zerbrach, und wegen des Spektakels ist Imelda hereingekommen.“

Imelda hatte es aufgegeben, nach einer Zigarette zu suchen. Stattdessen erschien auf ihrem Gesicht ein entschlossener Ausdruck. Noch immer saß sie neben Brad, obwohl es sie kaum mehr auf dem Sessel hielt. Ich hatte die Erzählungen der beiden Frauen nicht unterbrochen, beschränkte mich aufs Zuhören. …