… Allmählich entspannte er sich. Es war für ihn wahrscheinlich eine Premiere, einen Privatdetektiv aufzusuchen. Einen letzten Blick aus dem Fenster werfend, setzte auch ich mich auf meinen angestammten Stuhl, faltete die Hände vor mir, wie ein Pastor beim Gebet, und betrachtete ihn mit geneigtem Kopf.
„Es geht um Steve“, begann er zaghaft. „Er ist seit einer Woche verschwunden.“
Schon wieder ein Vermißter, dachte ich bei mir. Aber in einer Stadt wie San Francisco, die mit ihren etwa 800 000 Einwohnern noch nicht einmal zu den großen US-Städten zählt, verschwindet eben so manch einer spurlos. Das ist unser Geschäft, davon leben wir. Zwar gibt es ein polizeiliches Vermißtenbüro, aber die reißen sich nicht die Beine aus, um entlaufene Gören zu suchen, die aufgrund eines mißglückten Schulzeugnisses die Heimkehr verweigerten, oder wegen eines Jungen, der beim Skaten völlig die Zeit vergaß und dann zwei Tage verschollen blieb.
„So“, ging ich auf meinen Besucher ein, „Steve ist also seit einer Woche überfällig. Wo haben Sie ihn denn zuletzt gesehen?“
Mein geliebter Notizblock kam wieder zum Einsatz. Ich hatte einen ziemlichen Verschleiß an Notizblöcken. Die Erfahrung lehrte mich, daß sie besser waren als Diktiergeräte. Diese elektronischen Erinnerungshilfen waren etwas für selbstgefällige Angeber. Dazu zählte ich mich nicht, ich war bodenständig. Ich hatte immer auf eigenen Füßen gestanden. Außer vielleicht manchmal beim – Tanzen ...
„Letzten Donnerstag haben wir noch geschmust“, brach es aus meinem Besucher hervor und eine winzige Träne rann über sein bartloses Gesicht.
Entsprechend fiel mein Augenaufschlag aus. Jetzt kamen sie schon zu mir, um ihre entwichenen schwulen Lebensgefährten finden zu lassen. Mein Gott, wenn einer keine Lust mehr hatte, dann ging er eben fort. Man konnte doch einen Menschen nicht festbinden. Am wenigsten einen jungen Mann. Was dachte sich denn der Kerl dort?
„Ich weiß nicht“, hub ich zögernd an, und ein Gefühl beschlich mich, als wäre ich ein Psychologe und jener dort mein Patient - was in meinem Metier durchaus vorkam - „ob ich dafür der Richtige bin, junger Mann. Sehen Sie, wir Menschen benötigen Freiheit, und wenn Steve die Ansicht vertritt, er wäre bei Ihnen etwas zu sehr, sagen wir einmal, gefesselt oder eingeengt, dann befreit er sich eben. Das ist völlig normal.“
„Aber er hatte alles, was er brauchte. Jede Menge Freiheiten, gutes Essen, er schlief in meinem Bett. …
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